IVOM

Die intravitreale operative Medikamenteneingabe ins Auge

Bei der intravitrealen operativen Medikamenteneingabe (IVOM) werden Medikamente mit einer sehr feinen Nadel in den Glaskörper (intravitreal) im Augeninneren injiziert. Dies geschieht unter örtlicher Betäubung. Diese Eingabe von Medikamenten direkt in den Glaskörper ist wichtig, weil Medikamente aus dem Blut nicht gut in das Auge eindringen können. Dafür müssten sie hoch dosiert werden. Damit wäre das Risiko von unerwünschten Wirkungen an anderen Organen des Körpers verbunden. Die direkte Eingabe ins Auge bei der IVOM erlaubt es, eine geringe Dosis von Medikamenten direkt an den Ort zu bringen, an dem sie wirken sollen, mit nur wenig unerwünschten Wirkungen.

Die IVOM hat sich bei vielen entzündlichen und Gefäßerkrankungen der Netzhaut als wesentliches Behandlungsverfahren bewährt. Zu den Erkrankungen gehören:

  • die neovaskuläre Altersabhängige Makula-Degeneration (AMD),
  • das diabetische Makulaödem,
  • Makulaödeme bei retinalen Venenverschlüssen,
  • Gefäßneubildungen unter der Netzhaut (choroidale Neovaskularisation, CNV) bei anderen Erkrankungen als der AMD, z. B. bei Myopie oder erblichen Makuladystrophien,
  • die Frühgeborenenretinopathie,
  • entzündliche Veränderungen von Netzhaut und Aderhaut (Uveitis)

und andere Erkrankungen.

Die konsequente Behandlung mit IVOM ist sehr erfolgreich: Seit Einführung der IVOM im Jahr 2005 ist die Erblindungshäufigkeit aufgrund von neovaskulärer AMD und diabetischem Makulaödem in den Industrieländern um circa 70 % zurückgegangen. Daher ist die IVOM derzeit der weltweit häufigste Eingriff am Auge. In der Zukunft besteht die Hoffnung, auch die trockene AMD, sowie einzelne genetisch bedingte Erkrankungen mit neuen Medikamenten durch IVOM behandeln zu können.

Zwei Dinge sind für die Betroffenen entscheidend: eine konsequente Behandlung mit IVOM, sowie ein früher Behandlungsbeginn. Beginnt die Behandlung, bevor ein ausgeprägter Sehverlust vorliegt, hat sie eine viel höhere Aussicht auf einen langfristigen Erfolg. Dies bedeutet, dass Sehstörungen zeitnah untersucht werden sollten.

Wie wird die Notwendigkeit einer IVOM festgestellt?

Wesentlich für die Entscheidung für eine IVOM ist eine korrekte Anfangsdiagnose. Bei Verdacht auf eine Erkrankung der Makula, die mit IVOM behandelt werden könnte, sind folgenden Untersuchungen erforderlich:

  • Prüfen der Sehschärfe mit optimaler Korrektur,
  • Untersuchung des Augenhintergrundes mit Pupillenweitstellung,
  • Darstellen von Flüssigkeitsverschiebungen in Gefäßveränderungen mit einer Angiografie mit einem fluoreszierenden Farbstoff und
  • Darstellung von Veränderungen der Netzhautstruktur mit der Optischen Kohärenztomografie (OCT).

Dieses Vorgehen ist in den Vorgaben zur Abrechnung für die Erstdiagnose mit einzelnen Ausnahmen festgelegt. Die Sehschärfe sollte in der Regel mindestens 0,05 betragen, bei schlechterer Sehschärfe sind die Aussichten auf eine Besserung sehr begrenzt.

Ihre Augenärzte beraten Sie über die Diagnose, die Notwendigkeit einer IVOM, die Planung der Behandlung und die Art der Medikamente, die für Sie in Frage kommen.

Im Verlauf der Behandlungen reicht in der Regel die OCT für die Kontrolle und Entscheidung über weitere Behandlungen. Eine erneute Fluoresceinangiografie ist nur bei unklaren Situationen sinnvoll. Eine OCT-Angiografie kann zusätzliche Informationen ergeben, ist aber alleine nicht ausreichend zur Beurteilung.

Bei der IVOM wird zunächst die Augenoberfläche betäubt und nach ausreichender Betäubung desinfiziert. Anschließend wird seitlich am Auge mit einer sehr feinen Nadel das Medikament in den Glaskörper injiziert. Dies ist in der Regel nicht schmerzhaft.

Ebenso können kleine Blutungen in der Bindehaut auftreten. Diese sehen rot aus, sind kosmetisch störend, verkleben aber die kleine Wunde noch besser. Daher ist es kein Nachteil, wenn diese auftreten.

Nach der Behandlung und im längeren Verlauf kann der Augeninnendruck ansteigen. Daher sollte dieser regelmäßig kontrolliert werden.

In seltenen Fällen (circa 1:5.000) kann auch eine Entzündung im Augeninneren, eine Verletzung der Linse, eine Glaskörperblutung oder eine Netzhautablösung entstehen. Bei Früherkennung und zeitnaher Behandlung lassen sich diese seltenen Probleme gut beheben.

Augenärztliche Nachkontrollen zwei bis fünf Tage nach einer IVOM sind wichtig, um diese Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Bei akuter Sehverschlechterung oder Schmerzen sollten Sie zeitnah den Augenarzt aufsuchen.

Welche Medikamente werden bei der IVOM verabreicht ?

VEGF-Hemmer

Der Wachstumsfaktor VEGF (vaskular endothelial growth factor) ist wesentlich an der Entwicklung vieler unerwünschter Gefäßveränderungen bei altersabhängigen und gefäßschädigenden Erkrankungen beteiligt. Er wird bei diesen Erkrankungen vermehrt gebildet. So begünstigt er die Ausbildung einer CNV bei der AMD, die Bildung neuer Blutgefäße vor der Netzhaut bei diabetischer Netzhauterkrankung und die Ansammlung von Flüssigkeit in der Netzhautmitte (Makulaödem) bei verschiedenen Erkrankungen. Durch die Hemmung von VEGF durch VEGF-Hemmer (auch Anti-VEGF-Medikamente genannt) können diese Veränderungen zurückgedrängt werden.

Zwei Dinge sind dabei wichtig:

  1. Die Grunderkrankung, die den erhöhten VEGF-Spiegel im Auge bewirkt, wird dadurch nicht beseitigt.
  2. Eine gewisse Menge an VEGF ist auch für die normale Regeneration des Gewebes erforderlich.

Aus diesen beiden Gründen ist daher in der Regel eine Behandlung über einen längeren Zeitraum (meist Jahre) erforderlich. Die Behandlung wird abhängig von der Krankheitsentwicklung in ihrer Häufigkeit variiert. Derzeit stehen verschiedene VEGF-Hemmer zur Verfügung.

Diese Medikamente unterscheiden sich nicht in der Wirkung, aber in der Wirkdauer und den unerwünschten Wirkungen am Auge. Welche individuellen Vor- und Nachteile die einzelnen Medikamente für Sie haben, sollten Sie mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen.

Corticoid-Präparate
Bei einer Reihe von Gefäßerkrankungen sind auch entzündliche Vorgänge an der Entstehung der Netzhautveränderungen beteiligt. Zu diesen Krankheiten gehören unter anderem das diabetische Makulaödem, retinale Venenverschlüsse oder Uveitis.

In diesen Situationen kann durch die Gabe von Corticoid-Präparaten die Entzündungsreaktion zurückgedrängt werden. Auch hier wird die Grunderkrankung, die die entzündlichen Vorgänge bedingt, dadurch nicht beseitigt. Aus diesem Grund ist in der Regel eine Behandlung über einen längeren Zeitraum (meist Jahre) erforderlich. Abhängig von der Krankheitsentwicklung variiert die Häufigkeit der Behandlung.

Derzeit stehen zwei verschiedene Corticoid-Präparate mit langjähriger Erfahrung zur Verfügung. Bei beiden Präparaten wird der Wirkstoff aus einem Trägermaterial über einen längeren Zeitraum kontinuierlich in das Augeninnere abgeben. Der Zeitraum variiert:

  • Bei dem Dexamethason-Implantat (Ozurdex) beträgt dieser Zeitraum circa vier bis sechs Monate.
  • Bei Fluocinolonacetonid (Iluvien) beträgt der Zeitraum circa drei Jahre.

Der Vorteil der Corticoid-Präparate: die seltenere Anwendung aufgrund der längeren Wirkdauer. Der Nachteil der Präparate: das höhere Risiko für einen dauerhafte Augeninnendruckerhöhung und die Ausbildung eines Grauen Stars.

Bei der neovaskulären AMD sind die Corticoid-Präparate nicht sinnvoll.

Welche Therapieschemata gibt es ?

Für die langfristige Wirksamkeit der IVOM-Therapie sind wichtig:

  • ein zeitiger Behandlungsbeginn nach Diagnosestellung und
  • eine kontinuierliche Kontrolle und Weiterbehandlung je nach Entwicklung der Netzhautveränderungen.

Bei einer IVOM-Therapie mit VEGF-Hemmern sind bei den meisten Netzhauterkrankungen im ersten Jahr circa acht bis neun IVOM erforderlich. Diese Zahl nimmt im Laufe der Jahre ab. Studien in verschiedenen Ländern haben gezeigt, dass man für eine erfolgreiche Behandlung circa 53 IVOM über einen Zeitraum von zehn Jahren benötigt.

Die bisherige Erfahrung hat auch gezeigt, dass der Bedarf nach wiederholter Therapie bei den einzelnen Patienten unterschiedlich ist. Daher gibt es verschiedene Verfahren, die Behandlung individuell anzupassen. Das Ziel: Soviel wie nötig, sowenig wie möglich.

Die wichtigsten Behandlungsschemata bei Anwendung von VEGF-Hemmern sind Pro re nata (PRN, nach Bedarf) und Treat & Extend, von denen es auch unterschiedliche Varianten gibt.

Therapieschema Pro re nata (PRN)

Pro re nata bedeutet “nach Bedarf“. Nach einer ersten Serie von IVOM (je nach Erkrankung drei bis sechs) erfolgt vier Wochen nach der letzten IVOM eine Kontrolle. Dazu gehören:

  • Bestimmung der Sehschärfe,
  • Beurteilung des Augenhintergrundes und
  • eine OCT,
  • in unklaren Situationen auch eine erneute Angiografie mit einem fluoreszierenden Farbstoff.

Zeigt sich ein stabiler Befund, erfolgen weitere Kontrollen in vierwöchigen Abständen über einen Zeitraum von sechs Monaten. Danach kann der Abstand der Kontrollen vergrößert werden.

Zeigt sich bei der ersten oder weiteren Kontrollen eine erneute Aktivität, erfolgt wieder eine Serie von IVOM. Nach deren Ende beginnt erneut ein Kontrollzeitraum.

Therapieschema Treat & Extend (T&E)

Nach einer ersten Serie von IVOM (je nach Erkrankung drei bis sechs) wird bei Treat & Extend (Behandeln und Ausdehnen) der Abstand zwischen den IVOM schrittweise verlängert. Dies geschieht solange, bis die Krankheitsaktivität ausreichend zurückgedrängt ist. Bei weiterbestehender Krankheitsaktivität werden die Abstände beibehalten, bei zunehmender Krankheitsaktivität werden die Abstände wieder verkürzt.

Begonnen wird wie bei PRN mit einem Vier-Wochen-Abstand. Dieser wird üblicherweise um zwei Wochen verlängert oder verkürzt. Im Unterschied zu PRN erfolgt die Kontrolle (mit Bestimmung der Sehschärfe, Beurteilung des Augenhintergrundes und einer OCT) jedes Mal zusammen mit einer IVOM. Auf der Basis des Befunds bei der Kontrolle wird dann der Abstand zur nächsten IVOM festgelegt.

Welches Schema ist für wen geeignet?

Beide Therapieschemata erlauben eine erfolgreiche Langzeitbehandlung, wenn die notwendigen IVOM und Kontrollen konsequent durchgeführt werden. Bei Treat & Extend sind insbesondere nach dem ersten Behandlungsjahr meist weniger Arztbesuche erforderlich.

Beide Therapieschemata unterscheiden sich deutlich in der Logistik der Terminvergabe und Durchführung der Abläufe. Daher werden die meisten Ärzte und Therapiezentren für ihre Patienten die Behandlung nach einem einheitlichen Schema durchführen.

Für den Patienten ist für den Langzeiterfolg weniger das Therapieschema entscheidend. Entscheidend sind das möglichst konsequente Einhalten der notwendigen Behandlungen und Kontrollen.

Wer bezahlt diese Behandlung ?

Die Kosten übernimmt die jeweilige Krankenkasse.